Mittwoch, 8. Februar 2017

Warum passiert jeden Tag so viel wie in die Zeitung passt?

Zunächst werden wir uns vorstellen. Wir sind eine vierköpfige Familie, Ernst und Ursula mit unseren Kinder Janina (meist nur Nina genannt; inzwischen 13 Jahre alt) und Joel (inzwischen 9 Jahre alt). Ich arbeite für mehrere lokale Zeitungen und manchmal auch für andere Medien wie das Fernsehen, Radio oder Internet. Hier habe ich mich auf Polizeiberichte spezialisiert, was meinen Alltag eher unregelmäßig macht. Ursula ist Grundschullehrerin; sie arbeitet nur vormittags in der Schule und unterrichtet Deutsch, Mensch-Natur-Kultur, sowie seit Neuestem auch für ältere Klassen aus akutem Lehrermangel Religionsunterricht.

Wie bereits im Vorwort erwähnt, begann unsere einjährige Reise in die Welt der Medien wegen einer Hänselei. Unser Sohn Joel kam eines Tages mit der brennenden Frage nach Hause: Papa, warum passiert jeden Tag genau so viel in der Welt wie in eine Zeitung passt? Ältere Schüler hatten ihm diese Frage gestellt, da sie wissen, dass ich auch für Zeitungen arbeite. Er hatte ihnen darauf keine Antwort, so stellte er sie mir zu Hause. So war das bei uns schon immer gelaufen. Wer eine Frage hat, darf sie stellen. Denn nur wer fragt, kann dazulernen. Und immer mal wieder kommt es vor, dass auch wir Eltern darauf keine schnelle Antwort wissen. Dann reden wir als ganze Familie darüber; meist schon beim Abendessen und nach diesem oft noch für längere Zeit auf den Polstersesseln im Wohnzimmer um das prasselnde Feuer herum. Manchmal merken wir, dass ein Thema zu groß oder zu interessant ist, um es auf einen Abend zu beschränken. Dann nehmen wir uns vor, dieses Thema als Familienprojekt anzugehen. Wie eben auch unser Thema der Medien.

Nun nahm ich unsere Kinder mit auf eine Reise in der Phantasie, in der ich ihnen von meiner Arbeit erzählte und wie eine Zeitung überhaupt erst mal zustande kommt. Ich versprach ihnen, mit meinen Chefs zu reden, dass ich sie in den Schulferien für ein paar Tage zu meinen Terminen mitnehmen darf, was dann tatsächlich auch in Erfüllung ging. Dazu später mehr. Für mich als Vater ist es etwas Wunderbares, wenn meine Kinder sich für meine tägliche Arbeit zu interessieren beginnen. Auch meine Frau fand das Thema wichtig und sehr spannend. Wie entstehen Nachrichten? Wie kann man den Wahrheitsgehalt von Nachrichten prüfen? Wie gehen wir mit Medien ganz allgemein am besten um? Diese und noch viele weitere Fragen schrieben wir auf ein großes Blatt Papier auf – und jeder von uns durfte zu den Antworten beitragen. Jeder nach seinen Fähigkeiten, aber auch so, dass jeder gehörig herausgefordert wird und an seiner Aufgabe wachsen kann.

Zunehmend begannen wir auch, unser Umfeld mit diesen Fragen zu konfrontieren. Nicht immer stießen wir dabei auf Begeisterung. Als meine Frau das Thema im Hauskreis unserer evangelischen Freikirche ansprach, herrschte zunächst einmal Stille. Und dann kam einerseits Selbstverteidigung, weshalb man keine Zeit und Kraft habe, das alles zu prüfen und den Fragen nachzugehen. Interessant aber, dass keiner zu wenig Zeit und Kraft hat, um täglich mit einigen dieser Medien „abzuschalten“ und sich zu entspannen. Andererseits wurde uns der Vorwurf gemacht, dass wir (das heißt ich) ja selbst von den Medien leben, weshalb wir diese nicht in Frage zu stellen hätten.

Tatsächlich ist aber die Medienethik ein wichtiger Bestandteil meines Berufs, wo diese Fragen eine große Rolle spielen. Wir müssen uns immer wieder fragen, wie wir verantwortlich schreiben können, so dass die Leser das Relevante mitbekommen, aber ohne in ihrem Denken eingeschränkt zu werden, sondern im Gegenteil zu eigenem und damit verantwortlichem Denken angeleitet werden. Demokratie lebt von den verschiedenen Meinungen und einer Vielfalt an Medien, die gemeinsam bilden sollen. Diesen Fragen wollten wir als Familie auf den Grund gehen.


Doch was geschieht, wenn manche Menschen keine Zeit und Kraft mehr zum Denken haben? Sie geben das Denken ab – und die Medien bekommen eine Aufgabe, die sie nicht lösen können. An die Stelle der Informationsvermittlung tritt eine Funktion, die dem Gehirn der Leser entspricht. Die Medien werden zum Haupt des Menschen, zur Willensbildung statt der Wissensbildung. Das führt zu einer Vergötzung der Medien. Manche Medien nehmen die neue Funktion gerne an, denn damit lässt sich eine Stange Geld verdienen. Daher ist es letztendlich so, dass Geld die Welt regiert. Nicht umsonst sind die Medien die vierte Gewalt genannt worden. Und nicht selten können sie sich zur ersten aufschwingen. All das muss man im Hinterkopf behalten, wenn man sich den Medien zuwendet. Wem ich viel Zeit widme, dem gebe ich viel Macht über mein Leben. 

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